Venus als Star am Abendhimmel
Im Frühlingsmonat April erreicht die Sonne stetig nördlichere Bereiche ihrer Jahresbahn, wodurch sich bei uns im Monatsverlauf der Tag um fast zwei Stunden verlängert. Sie wechselt dabei nach der Monatsmitte vom Tierkreissternbild Fische zum Widder. Obwohl ein neuer, nämlich der 25. elfjährige Aktivitätszyklus seit Beginn der regelmäßigen Beobachtungen im 19. Jahrhundert begonnen hat, sind erwartungsgemäß noch kaum Sonnenflecken und Protuberanzen auf dem Tagesgestirn zu beobachten.
Vom 15. bis zum 16. April zieht die abnehmende Mondsichel vor der Morgendämmerung am aufgereihten Planetentrio mit Jupiter, dem Ringplaneten Saturn und unserem äußeren Nachbarplaneten Mars über dem Südosthorizont vorbei. Am 25. April findet man unseren Erdtrabanten als zunehmende Sichel am Abendhimmel nahe beim roten Stern Aldebaran im „Goldenen Tor der Ekliptik“ zwischen dem auffälligen Sternhaufen der Plejaden = Siebengestirn und dem weiter gestreuten Sternhaufen der Hyaden. Am darauffolgenden Abend steht die Mondsichel mit auffälligem Erdlicht weit südlich der strahlend hellen Venus, die dem nördlichsten Punkt ihrer Bahn zustrebt.
In diesem Monat bleibt der sonnennahe Planet Merkur für das bloße Auge unsichtbar. Dagegen ist unser innerer Nachbarplanet Venus am Abendhimmel zunehmend der extrem auffällige Star von Sonnenuntergang bis zu seinem Untergang nach Mitternacht am nordwestlichen Horizont. Da Venus Ende des Monats ihre maximale Helligkeit erreicht, ist sie für das bloße Auge sogar am Taghimmel sichtbar. Die Zusatzgrafik zeigt mehrere besondere Konstellationen der Venus. Am Monatsanfang durchläuft der „Abendstern“ das oben beschriebene „Goldene Tor der Ekliptik“ weit entfernt vom hellen Hauptstern Aldebaran. Dabei durchstreift er am 3. April sogar den südlichen Teil der Plejaden, wodurch seine Bewegung daher von Tag zu Tag besonders gut zu verfolgen ist. In Teleskopen zeigt sich Venus als ständig wachsende, aber schmaler erscheinende Planetensichel. Interessant ist die Betrachtung der beinahe gleich großen (Geschwister)-Planeten, die im Planeteninneren praktisch gleich aufgebaut sind. Während unser Heimatplanet eine vielgestaltige bunte Oberfläche zeigt, blickt man bei Venus auf eine undurchsichtige extreme Atmosphäre mit Schwefelsäurewolken. Deren Dichte an der Planetenoberfläche entspricht etwa der in 900 Meter Meerestiefe auf der Erde. Dazu herrschen auf der Oberfläche fast 500°C, Folge eines hochwirksamen Treibhauseffekts, da die Venusatmosphäre zu fast 97% aus Kohlendioxid besteht. Während die Erde mit Überschallgeschwindigkeit um ihre Achse rotiert, könnte man mit Schritttempo auf der Venus die Rotation ausgleichen. Dieser Unterschied in der Rotationsgeschwindigkeit verhindert die Ausbildung eines Magnetfeldes wie auf der Erde über einen Dynamoeffekt. Da Venus in diesem Monat wieder näher an die Sonne rückt, verringert sich ihre Sichtbarkeitsdauer, was sich im nächsten Monat verstärkt, wenn Venus sogar der Sonne entgegenläuft. Das lässt sich aus der abnehmenden Höhe über dem Horizont ablesen, wobei die beiden Daten 1. und 11. Mai getauscht werden müssen. Hier soll auf die Tatsache hingewiesen werden, dass Venus, das Siebengestirn und der Mond in dem Märchen „Der Wolf und die sieben jungen Geißlein“ der Brüder Grimm in einen Zusammenhang gestellt werden. Die Geiß (= Venus) ermahnt die Geißlein (= Sterne des Siebengestirns) zur Vorsicht, da sie vom bösen Wolf (=Mond) gefressen (=bedeckt) werden können. Der Mond erscheint am Himmel so klein, dass er nicht gleichzeitig alle sichtbaren Sterne dieses Sternhaufens bedecken kann. Dieser Vorgang der Bedeckung ist leider erst wieder in sieben Jahren sichtbar. Am Morgenhimmel überholt der rote Planet Mars am Monatsanfang den Planeten Saturn und entfernt sich im Monatsverlauf von diesem. Der Riesenplanet Jupiter steht vor der Morgendämmerung schon in guter Beobachtungsstellung, so dass interessante Details seiner Atmosphäre sowie die verschiedenen Stellungen der vier hellen Monde in kleineren Teleskopen gut zu beobachten sind. Die Sichtbarkeitsbedingungen für den Ringplaneten Saturn, dem sich der erheblich auffälligere Jupiter im Jahresverlauf langsam annähert, verbessern sich langsam im Monatsverlauf. Das wunderbare Ringsystem ist noch immer weit geöffnet und kann vor der Morgendämmerung bei klarer Horizontsicht neben einigen Monden in ihren Umläufen um Saturn mit Teleskopen beobachtet werden.
Die Wintersternbilder mit ihrer Vielzahl an auffällig hellen Sternen, dem so genannten Wintersechseck, sind im Westen in Horizontnähe gerückt, während die auffälligsten Frühlingssternbilder Löwe, Bootes und Jungfrau mit den drei hellen Sternen Regulus, Arktur und Spica, den Südhimmel in bester Beobachtungsposition dominieren. Sie bilden das recht ausgedehnte so genannte Frühlingsdreieck. Die Sterne zeigen unterschiedliche Farben, was auf ihre unterschiedlichen Oberflächentemperaturen hinweist. Rot erscheinende Sterne wie Arktur haben erheblich kühlere Oberflächen als die blauweißen Sterne wie etwa Spica. Am Frühjahrshimmel können wir aus unserer Milchstraße in die Himmelsregionen um das Frühlingsdreieck relativ ungestört in das Weltall hinausblicken und damit die erheblich sternreicheren, größeren, aber entfernteren Objekte beobachten. Damit werden Galaxien und Kugelsternhaufen in den Sternbildern Löwe, Jungfrau, Haar der Berenike, Jagdhunde und Großer Bär zu bevorzugten teleskopischen und fotografischen Beobachtungsobjekten für Amateurastronomen.
Das auffällige Sternenband der Milchstraße mit ihren eingestreuten hellen Stern- und dunklen Staubwolken zieht sich von Südwesten nach Nordosten und ist im zweiten Monatsdrittel in den Abendstunden ohne Mondlicht gut beobachtbar.